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Dienstag, 18. März 2025

Varieté und Revue - dreiundzwanzigster Exkurs


Im "Café Roxel" wurden von 1921 bis Anfang 1923 regelmäßig
wechselnde artistische Programme geboten.
Das Programmcover gestaltete der bekannte Münsteraner
Maler und Grafiker Bernhard Bröker. 

Nachdem hier kürzlich Münsters recht interessante frühe Circusgeschichte beleuchtet wurde, wird nun das Varieté in den Blick genommen. Jahrmarkt-Theater wie die Varietés von Melich oder Wallenda, die auf dem Send gastierten, bleiben dabei außen vor.   

Artisten(ensembles), die es sich leisten konnten, gastierten seit Ende des 18. Jahrhunderts in bestehenden Theatern. Weitaus preiswertere Auftrittsmöglichkeiten boten jedoch auch in Münster Veranstaltungssäle von Gasthäusern. Die Künstler mieteten in der Regel die bewirtschafteten Säle; Wirte engagierten aber auch selbst Artisten und Musiker, um die Gäste zu unterhalten.
Um die vorletzte Jahrhundertwende existierte in Münster zudem die "Circus- und Varieté-Festhalle". Wie der Name besagt, konnte der Zuschauerraum für Circusvorstellungen und Bühnenprogramme durch entsprechende Umgestaltungsmaßnahmen gleichermaßen genutzt werden.
Der Bau ging aus einem "Sommertheater" hervor, in dem auch bereits "Specialitätenvorstellungen" stattfanden, für die sich Ende des 19. Jahrhunderts mehr und mehr der Begriff "Varieté" einbürgerte.

Nach dem ersten Weltkrieg zeigte für kurze Zeit das „Metropol-Theater“ in der Ludgeristraße stark besetzte Varieté-Programme, darüber hinaus gab es in der westfälischen Metropole kein großes reines Unterhaltungstheater mehr. Varieté-Ensembles gastierten weiterhin in (Gasthaus-)Sälen wie dem "Lortzing-Saal“ oder im "Gertrudenhof", bisweilen auch im städtischen („Lortzing“-)Theater.
Eine provisorische Alternative bot der beachtliche Festsaal im 1911/12 erbauten neuen Schützenhof an der Hammer Straße, der vor allem in Kriegszeiten für Varieté-Vorstellungen genutzt wurde. Im letzten Jahr des ersten Weltkriegs betrieb der in Münster ansässige Circusdirektor Pierre Althoff hier sein „Apollo-Theater“, und in den frühen 1940er Jahren organisierte die NS-Organisation „Kraft durch Freude“ „Groß-Varieté“-Veranstaltungen im Schützenhof.

In der 1926 eröffneten und im Krieg zerstörten alten „Halle Münsterland“ wurden nur selten Varieté-Vorstellungen gezeigt, und obwohl im Nachfolger weit mehr Unterhaltungs-Veranstaltungen stattfanden und -finden, blieben Varieté-Programme die Ausnahme.
Weit häufiger traten Varieté-Künstler in Kinos wie vor allem der "Schauburg" auf, die vor der Leinwand über große Bühnen verfügten. Die Schauburg, die zudem einen Orchestergraben für zwei Dutzend Musiker hatte, firmierte zwischenzeitlich sogar als "Film- und Varieté-Theater", unterhielt ein eigenes Orchester und zeigte in den 1930er Jahren gemischte Programme mit einem Bühnen- und einem Filmteil. Solche Programme waren bis in die 1950er Jahre in Deutschland recht verbreitet und knüpften an die Tradition einer anfänglich engen Verbindung von Varieté und Kino an.

Bewirtschaftete Vergnügungs-Kabaretts, die neben Musikern, Humoristen und Tänzerinnen bisweilen auch Artistinnen und Artisten präsentierten, bestanden in den Jahren um den ersten Weltkrieg am alten Fischmarkt („Dortmunder Kind'l“) sowie Anfang der 1920er Jahre im Hotel „Westfälischer Hof" am Servatiiplatz („Kleinkunstbühne Roxel“).
Darüber hinaus wurden in der Zwischenkriegszeit über einige Jahre hinweg auf den Kleinkunstbühnen im „Weinhaus Kakadu“ in der Rothenburg („Steiner's Künstlerspiele“) sowie im „Stadthotel Freudiger“ an der Ludgeristraße im kleinen Rahmen regelmäßig Varieté-Programme geboten.
Im Januar 1946 eröffnete ein „Kabarett“ im Hotel „Kronenburg“ an der Hammer Straße, in dem anfangs Varieté-Programme gezeigt wurden. Mit der Zeit entwickelte sich das Etablissement jedoch zu einem Nachtlokal von zweifelhaftem Ruf.

Im Jahr 2000 wurde das "Roland-Filmtheater" in ein Varieté umgewandelt, das kurze Zeit nach seiner Eröffnung den Namen "Roland-Frosch-Varieté" erhielt. Das Unternehmen mit seinen höchst unterhaltsamen Programmen bestand allerdings nur wenige Jahre. Seit einem abermaligen Umbau im Jahr 2005 gehört das Varieté-Theater zur GOP-Gruppe.

Verschiedene Projekte André Hellers waren von großer Bedeutung
für die Renaissance des Varietés. Die Tournee-Produktion "Winter-
garten-Varieté"gastierte 1992 im Congress-Saal der Münsterlandhalle.
Plakate und Programmcover zierte eine Arbeit von Roland Topor. 

Oliver Hartmann (Grafik), Gerrit Lemkau (Design)

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