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Montag, 16. Januar 2023

Vom Zettel zur Hochglanz-Broschüre

 
Programmzettel des Circus E. Blumenfeld Wwe 1910

Die Programme, die im 19. und bisweilen auch noch im beginnenden 20. Jahrhundert in den Vorstellungen erhältlich waren, entsprachen häufig den Anschlagzetteln. Mitunter eigens angebotene Programmzettel unterschieden sich nur wenig. Sie waren kleiner und enthielten seltener Abbildungen oder genaue Gastspieldaten. Stattdessen wurde die Programmfolge oftmals etwas ausführlicher beschrieben.
Mit der Verbreitung der Farblithografie gegen Ende des 19. Jahrhunderts und dem Aufkommen des vorrangig auf visuelle Wirkung ausgerichteten Farbplakats kam die Funktion, über die Inhalte der Vorstellung zu informieren, vor allem dem Programmzettel zu. Dieser Bedeutungszuwachs und die zunehmend größeren und preiswerteren drucktechnischen Möglichkeiten wirkten sich auf die Gestaltung der Programme aus und bald schon erschienen farbig illustrierte Zettel, aber auch Hefte, denen die aktuelle Spielfolge des Öfteren beigelegt war.

Ein ansprechendes Cover war ein wichtiger Anreiz zum Kauf eines Programmheftes und nicht selten verbarg sich zwischen einem attraktiv gestalteten farbigen Umschlag ein in jeder Hinsicht dünner Inhalt.
Programmhefte ermöglichten aber nicht nur durch ihren Verkauf willkommene Nebeneinnahmen, sondern auch durch die Anzeigenwerbung. Eigens die für Gastspielstädte gedruckte Programme oder Einlagen, wie sie größere Unternehmen in den 20er und 30er Jahren anboten, enthielten besonders zahlreiche Annoncen der lokalen Geschäftswelt und Gastronomie.

Das Programmheft stellte für viele Circusse eine Art Visitenkarte dar. Unternehmen, die etwas auf sich hielten, verfügten schon früh über umfangreiche, informative Programme, deren Cover ihren Charakter oder Anspruch spiegelten und oft eigens von mehr oder weniger bekannten Grafikern gestaltet wurden. Plakatmotive hingegen dienten zunächst eher selten als Programmtitel.
Besonders häufig zierte anspruchsvolle Grafik die Titel der Programmhefte von Produktionen in den festen Circusgebäuden der Metropolen. Die Circusse waren Teil des großstädtischen Unterhaltungsangebotes, konkurrierten mit Varietés, Kabaretts, Revue- und Boulevardtheatern und glichen sich diesen in der Außenwirkung bis hin zur Gestaltung ihrer Plakate und Programmhefte an.

Großformatige Programme wurden bisweilen als „Magazin“ oder „Illustrierte“ bezeichnet. Oft handelte es sich dabei um reich bebilderte Programmhefte mit Hintergrundinformationen und unterhaltenden Beiträgen wie beispielsweise die Magazine der großen amerikanischen Circusse.
Um die Jahrtausendwende nahmen einige aufwändig gestaltete, informative Hochglanz-Programme bzw. „Magazine“ oder „Illustrierte“ wie die des Circus Roncalli einen solchen Umfang ein, dass sie nicht mehr geheftet werden konnten. Aus dem ursprünglich einseitig gedruckten Programmzettel und seinem Nachfolger, dem Programmheft, war ein umfangreiches, großformatiges Paperback-Druckwerk geworden. 

Programmzettel des Circus Sarrasani 1911

Programmheft des Circus Jakob Busch 1939

Programmheft des Schweizer Circus Olympia (Gasser) 1969

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