Großplakat von Bruno Napoli. |
Am 20. Juli verstarb Gerd
Siemoneit-Barum. Sein Name steht für eine Ära und den klassischen (Tier-)Circus', der in ihm
hierzulande seinen populärsten Vertreter hatte.
Mitte der 70er Jahre besuchte ich erstmals eine Vorstellung des Circus Barum, den der populäre Dompteur einige Jahre zuvor nach dem Tod Margarete Kreiser-Barums übernommen hatte.
Für mich war das ein prägendes Erlebnis und Siemoneit-Barum blieb mein Lieblingscircus, den ich seit Mitte der 80er Jahre bis zu seiner Einstellung im Jahr 2008 jährlich besuchte.
Dieser Circus übte eine besondere Faszination aus, die ihn erfolgreicher machte als viele Mitbewerber. Die Shows begeisterten ihr Publikum nachhaltig und Barum konnte im 3-Jahres-Rythmus die selben Städte besuchen – die Leute kamen immer wieder, darunter viele Menschen, die sonst eigentlich nicht in den Circus gingen.
Was machte nun diese besondere Faszination aus? Meiner Meinung nach war es das professionell und mit Leidenschaft in Szene gesetzte im besten Sinne „Puristische“ der kurzweiligen Programme.
Zwar experimentierte auch Siemoneit in den 80ern infolge der damaligen Krise des klassischen Circus und des Roncalli-Erfolgs mit neuen Konzepten und verschlankte sein Unternehmen – Ende des Jahrzehnts hatte er mit der Fokussierung auf das, was Circus ausmacht und ihn von anderen Unterhaltungsformen abhebt aber seinen eigenen Weg gefunden. Barum war ein authentischer Circus mit Atmosphäre, sehr stimmungsvoll und publikumswirksam, aber schnörkellos in Szene gesetzt, von einem hervorragenden Orchester mit perfekt ausgewählten Arrangements begleitet und bis zum Beginn der 2000er Jahre ohne Füllnummern, ohne Pop-Sing-Sang, Ballett, Nostalgie-Kitsch oder andere bemühte Anleihen an Musical, Revue, Theater oder „den“ Cirque-Nouveau.
Bei Barum engagierte Artisten mussten in der Zeit, in der Gerd-Siemoneit die Programme zusammenstellte, eine besondere, bestenfalls heitere Ausstrahlung besitzen, Originalität und Qualität waren ihm wichtiger als Quantität. Die flott aber nicht gehetzt ablaufenden Programme unterschieden sich deutlich von denen der Mitbewerber: Circus war zu jener Zeit durchaus nicht austauschbar oder „immer das Gleiche“.
Zu den Höhepunkten gehörten natürlich die ausgezeichneten Tierdarbietungen, allen voran die berühmten Raubtierdressuren des Chefs, darüber hinaus förderten Starnummern wie die von Borra oder Don Martinez die Gastspielerfolge. Insgesamt waren es aber zweifellos die Programme in ihrer Gesamtheit, die das Publikum begeisterten und den langfristigen Erfolg des Unternehmens begründeten.
Ein Highlight der Shows vor ca. 30 Jahren waren für mich die „Flying-Rodleighs“ - und wahrscheinlich kam diese Darbietung in diesem Circus und mit diesem Orchester am besten „rüber“: https://www.youtube.com/watch?v=X6Kw3QFAhVU
Portrait Siemoneits von Bruno Napoli auf einem viele Jahre eingesetzten "Ladenhänger". |
Zum 100jährigen Bestehen des Circus Barum zierte erstmals dieses anschließend ebenfalls lange Zeit in Gebrauch befindliche Cover Napolis die Programmhefte. |
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